Ordnungswidrigkeit – Vertretung in Ordnungswidrigkeitsverfahren

Die als geringfügig eingestufte Verletzung von Rechtsregeln wird als Ordnungswidrigkeit bezeichnet. Diese wird in der Regel mit einer Geldbuße (Bußgeld als milderes Mittel der Geldstrafe) geahndet.

Unternehmens- und Arbeitsrecht

Im Unternehmens- und Arbeitsrecht werden z.B. bei Verstößen gegen Unfallverhütungsvorschriften Bußgelder im Einzelfall bis zu einer Höhe von € 10.000,00 verhängt (§ 209 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 SGB VII). Bei Nichterstattung bzw. nicht rechtzeitiger Erstattung von Unfallanzeigen droht Unternehmen ein Bußgeld im Einzelfall bis zu € 2.500,00 (§ 209 Abs. 1 Nr. 9 und Abs. 3 SGB VII).

Voraussetzung für die Verhängung eines Bußgeldes ist immer, dass der Verantwortliche und Adressat des Bußgeldbescheides vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Adressaten eines Bußgeldbescheides können auch juristische Personen sein, d.h. eine AG oder eine GmbH. Dabei kommt es grundsätzlich auf das Handeln des gesetzlichen Organs, d.h. des Vorstands der AG oder des GmbH-Geschäftsführers an.

Als Praxisbeispiel aus dem verkehrsrechtlichen Bereich kommt die Verletzung der dem Fahrzeughalter obliegenden Aufsichts- und Überwachungspflichten (§ 31 Abs. 2 StVZO) in Betracht sowie die für die Einhaltung der aus dem §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 23 Abs. 1 Satz 1 StVO resultierenden Ladungssicherungsvorschriften. Der verantwortliche Geschäftsführer eines Unternehmens als Fahrzeughalter kann diese Ladungssicherungspflichten zwar wirksam auf Mitarbeiter delegieren, muss aber als Verantwortlicher bei der Auswahl und Schulung der Fahrzeugführer die erforderliche Sorgfalt walten lassen und diese mit den notwendigen Unterweisungen versehen sowie durch gelegentliche, auch unerwartete Kontrollen überprüfen, da nur so eine auf präventiv wirksame planmäßige Überwachung gewährleistet ist (OLG Bamberg, Beschluss vom 18.12.2017, 3 Ss OWI 1774/17).

Veranwortlicher im Sinne des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG)

Verantwortlicher im Sinne des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG).
Haftbar, d.h. Adressat eines Bußgeldbescheides kann auch eine Person sein, die vom Betriebsinhaber, dem Vorstand oder dem Geschäftsführer beauftragt ist, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten oder ausdrücklich beauftragt ist, in eigener Verantwortung Aufgaben des Betriebsinhabers wahrzunehmen.

Das bedeutet zum Beispiel, dass gegen angestellte Mitarbeiter, die innerhalb ihres Verantwortungsbereichs die Einhaltung der Regelungen zur Arbeitssicherheit zu gewährleisten haben, bei Verstößen gegen Unfallverhütungsvorschriften ein Bußgeld verhängt werden kann.

Besondere Bedeutung hat im Bereich der Organisationshaftung die Vorschrift des § 130 OWiG. In Absatz 1 heißt es:

Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Straf- oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen“.

In § 130 Abs. 3 OWiG heißt es:

Die Ordnungswidrigkeit kann, wenn die Pflichtverletzung mit Strafe bedroht ist, mit einer Geldbuße bis zu € 1. Mio geahndet werden. Ist die Pflichtverletzung mit Geldbuße bedroht, bestimmt sich das Höchstmaß der Geldbuße wegen der Aufsichtspflichtverletzung nach dem für die Pflichtverletzung angedrohten Höchstmaß der Geldbuße (…)

§ 130 OWiG ist zwar dem Wortlaut her auf den Betriebsinhaber beschränkt, über § 9 OWiG können aber auch alle seine Vertreter belangt werden. Das Ausmaß der Aufsichtspflicht nach § 130 OWiG hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Aufsichtspflicht soll die Beachtung der bestehenden Gebote und Verbote gewährleisten und muss folglich so ausgeübt werden, dass die betriebsbezogenen Pflichten aller Voraussicht nach eingehalten werden.

Qualifikation hat Bedeutung für Umfang der Kontrollpflicht

Es gilt dabei der Grundsatz, dass die Kontrollpflicht umso geringer ist, je höher der Mitarbeiter qualifiziert ist. Dennoch kann aus gegebenen Anlass auch die Kontrolle besonders qualifizierter und in der Unternehmenshierarchie hochrangiger Mitarbeiter angezeigt sein.
So bestehen gesteigerte Aufsichtsmaßnahmen jedenfalls dann, wenn es im Betrieb bereits zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist oder damit wegen besonderer Umstände zu rechnen ist.

Fahrpersonal

Bei der Beschäftigung von Fahrpersonal haben die Führungskräfte z.B. regelmäßig das Vorliegen der Fahrerlaubnis zu prüfen, durch Vorlage der Original-Führerscheine ihrer Mitarbeiter. Eine gesteigerte Sorgfaltspflicht besteht, sofern Gefahrgut oder große LKWs gefahren werden.

Mitarbeiter, die z.B. im Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit und/oder Datenschutz beschäftigt sind, sind regelmäßig zu schulen bzw. über Neuerungen zu unterrichten. Nur so kann für Führungskräfte eine Verantwortlichkeit nach OWiG wirksam minimiert bzw. auf Mitarbeiter übertragen werden.