Befristung eines Arbeitsverhältnisses

Bei Überschreitung der Befristungsdauer um nur einen Tag droht Unwirksamkeit

Das Arbeitsleben ist bunt und die Konstellationen kommen häufig genug vor:

Der Arbeitgeber möchte den Anstellungsvertrag mit dem neuen Mitarbeiter befristen, doch der oder die Mitarbeiter/in soll vorher bestmöglich schon zur Probe arbeiten, um zu sehen ob er bzw. sie die Erwartungen auch erfüllt.

Oder: An sich soll es erst zum Beginn des Folgemonats losgehen, doch es steht bereits ein kurzfristiger Termin an, welchen der oder die neue Mitarbeiter/in gerne schon einmal wahrzunehmen kann, oder es soll bereits vor Beginn der in befristeter Anstellung vorgesehenen Tätigkeit auf Anordnung eine Schulungsmaßnahme (JobTraining) durchgeführt werden.

In derartigen Konstellationen ist Vorsicht geboten.

Befristungen mit oder ohne Sachgrund zulässig

Rechtsgrundlage für die meisten Befristungen ist das Teilzeit- und Befristungsgesetz (kurz TzBfG). Man unterscheidet zwischen Befristungen mit Sachgrund und solchen Befristungen, die kalendermäßige ohne Sachgrund vereinbart werden können.

Grundsätzlich und in erster Linie ist die Befristung eines Arbeitsvertrages zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. In § 14 Abs. 1 TzBfG sind diverse Sachverhalte aufgeführt, bei denen insbesondere ein sachlicher Grund vorliegt, der eine von vornherein zeitlich begrenzte Dauer eines Anstellungsverhältnisses rechtfertigen kann (z. B. Vorliegen eines nur vorübergehenden Arbeitsbedarf, z.B. bei Projektarbeiten, Probezeitbefristungen oder Befristungen zur Krankheits- oder Schwangerschaftsvertretung u.ä.).

Zeitliche Grenzen der Befristung ohne Sachgrund

Daneben ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. So schreibt das Gesetz in § 14 Abs. 2 TzBfG eine zeitliche Höchstgrenze von zwei Jahren vor. Bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig.

Eine kalendermäßige Befristung ohne Sachgrund im vorgenannten Sinne ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das Bundesarbeitsgericht hat hier die zeitlichen Grenzen für die „Rückschau“ hinsichtlich eines in der Vergangenheit bestehenden befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnisses zuletzt aufgeweicht, sodass hier aktuell keine gesicherte Prognose gegeben werden kann, ab wann eine Vollbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber möglicherweise befristungsrechtlich nicht mehr von Relevanz ist.

In jedem Fall ist Arbeitgebern zu empfehlen, die zeitlichen Grenzen, zumal für die maximale gesetzlich zulässige Dauer von zwei Jahren, für sachgrundlose Befristungen penibel einzuhalten.

Wird die für sachgrundlose Befristungen vorgesehene maximale Befristungsdauer von zwei Jahren gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG überschritten (Achtung: Entsprechendes gilt sowohl für Zeiträume vor dem vertraglich vorgesehenen Befristungsbeginn als auch für eine Überschreitung des vertraglich vorgesehenen Befristungsendtermins!), droht in den Fällen, in denen auch kein rechtfertigender Sachgrund vorliegt, die Unwirksamkeit der Befristung.

Risiko: Unbefristetes Arbeitsverhältnis

Die Folge ist ein unbefristetes Arbeitsverhältnis: Ist die Befristung rechtsunwirksam, so gilt der befristeter Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 16 Satz 1 TzBfG).

Konstellationen, bei denen Arbeitszeit bzw. Arbeitsleistung des Mitarbeiters vor oder nach dem vorgesehenen Befristungszeitraum abgefordert werden, bergen damit für den Arbeitgeber ein nicht zu unterschätzendes Risiko.

Ein solches Risiko kann sich beispielsweise auch dadurch verwirklichen, dass der Arbeitgeber den zur befristeten Einstellung angedachten Arbeitnehmer bereits vor dem vertraglich vorgesehenen Befristung begehen zu einem Dienstort, respektive zum Beispiel auch einem Schulungsort, anreisen lässt.

1 Tag reicht aus!

So hatte das LAG Düsseldorf in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung den Fall zu bewerten, dass ein Arbeitnehmer zu einer im betrieblichen Interesse erforderlichen und insoweit vom Arbeitgeber angeordneten Schulung am Vortag des an sich vorgesehenen Vertragsbeginns anreisen musste, da der Schulungsort soweit vom Dienstort entfernt lag. Vertraglich vereinbart war eine sachgrundlose Befristung für die gesetzlich zulässige Maximaldauer von zwei Jahren (siehe oben). Das Gericht bewertete die Fahrzeit für die dienstlich erforderliche Anreise als Arbeitszeit im arbeitsvertragsrechtlichen Sinne: Die Parteien hatten den Vertrag bereits vor dem an sich vorgesehenen vertraglichen Beginn in Gang gesetzt und damit die Befristungshöchstdauer überschritten.

Der Umstand, dass der Mitarbeiter bereits vor dem vertraglich vorgesehenen Befristungsbeginn vertragliche Arbeitszeit leistete, hatte zur Folge, dass die an sich vorgesehene und gesetzlich zulässige Zweijahresfrist des Arbeitsverhältnisses überschritten wurde. Auch wenn die Überschreitung der Zweijahresfrist vorliegend lediglich einen Tag betrug, konnte der Arbeitnehmer im Befristungsprozess erfolgreich die Unwirksamkeit der sachgrundlosen Befristung rügen (LAG Düsseldorf, Urteil vom 09.04.2019, Az. 3 Sa 1126/18).

Vertragsbeginn: Soviel Zeit muss sein.

Bei der Anordnung bzw. Vereinbarung der Erbringung von Arbeitsleistungen vor oder nach einem vertraglich entsprechend der gesetzlichen Vorgaben in schriftlicher Form zu vereinbarenden Befristungsdauer droht insoweit die Konsequenz eines unbefristeten Arbeitsvertrages mit allen sich hieran anknüpfenden Konsequenzen.

Reisezeit als vergütungspflichtige Arbeitszeit? Es kommt darauf an, wem sie nützt!

In dem vom LAG Düsseldorf entschiedenen Fall betraf die als Vorverlegung des Beginns des Arbeitsverhältnisses gewertete Arbeitszeit die Zeit, die der Betroffene Arbeitnehmer für die Anreise zu einem Schulungsort auf Anordnung des Arbeitgebers zurückgelegt hatte. Hier war zudem die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu berücksichtigen, wonach die für genehmigte Reisen zu im dienstlichen Interesse erfolgenden Fortbildungen außerhalb des Dienstortes aufgewandte Reisezeit in vollem Umfang als vergütungspflichtige Arbeitszeit zu berücksichtigen ist. Entsprechendes gilt beispielsweise auch für Reisezeiten, die im Rahmen einer Auslandsentsendung bei angeordneten Arbeitsleistungen im Ausland oder für angeordnete oder vereinbarte Dienstreisezeiten zu einer ausschließlich im dienstlichen Interesse liegenden Fortbildung erbracht werden

Dies ist nur dann anders zu bewerten, sofern die Arbeitsvertragsparteien abweichende Vergütungsregelungen getroffen haben.

Arbeitgeber wie Arbeitnehmer sollten sich daher des Umstandes bewusst sein, dass Arbeitszeit und damit vergütungspflichtige Leistung jede vom Arbeitgeber im Gegenseitigkeitsverhältnis (Arbeitsleistung für Vergütung) verlangte Tätigkeit oder Maßnahme ist, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt (BAG, Urteil vom 15.11.2018, Az. 6 AZR 294/17; BAG, Urteil vom 17.10.2018, Az. 5 AZR 553/17).

Wege, die ein Arbeitnehmer eigennützig zurücklegt (zum Beispiel der Weg von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück) grundsätzlich keine Arbeit für den Arbeitgeber. Dies wiederum ist anders zu bewerten, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit außerhalb des Betriebes zu erbringen hat. In diesem Fall gehört das Fahren zur auswärtigen Arbeitsstelle wiederum zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten und ist vergütungspflichtig. Gleiches gilt für Reisezeiten im Rahmen einer Auslandsentsendung bei angeordneten Arbeitsleistungen im Ausland (BAG, Urteil vom 17.10.2018, Az. 5 AZR 553/17).