Unterscheidung des Urlaubsanspruchs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis 30.06. oder danach
Regelmäßig stellt sich im Rahmen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses (egal ob durch Kündigung des Arbeitgebers oder Eigenkündigung des Arbeitnehmers) die Frage, wie viele Urlaubstage dem Arbeitnehmer in dem Jahr der Beendigung zustehen, wenn das Arbeitsverhältnis unterjährig, also im laufenden Kalenderjahr beendet wird.
Vielfach wird rechtsirrig von den Betroffenen auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite davon ausgegangen, dass der Urlaubsanspruch immer anteilig (monatlich) bestehen würde.
Nach der gesetzlichen Regelung in § 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) hat ein Arbeitnehmer einen Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen bei einer 5-Tage-Woche (von 24 Tagen bei einer 6-Tage-Woche). Dieser Mindesturlaubsanspruch ist unabdingbar. Dies bedeutet, dass eine anderweitige geringere arbeitsvertragliche Vereinbarung unwirksam wäre. Eine Vereinbarung, die einen höheren Urlaubsanspruch vorsieht, ist dagegen selbstverständlich möglich und häufig auch die Regel.
Wenn ein Arbeitnehmer im Laufe eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, ist zu unterscheiden zwischen einer Beendigung bis einschließlich 30.06. oder zu einem späteren Zeitpunkt.
Bei einer Beendigung bis einschließlich 30.06.
Scheidet der Arbeitnehmer innerhalb der ersten Jahreshälfte aus, so hat er grundsätzlich Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses.
Scheidet der Arbeitnehmer also beispielsweise zum 31.05. eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis aus, so hat er bei dem gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch von 20 Urlaubstagen für das gesamte Kalenderjahr, einen Urlaubsanspruch in Höhe von 8 Urlaubstagen. Das Arbeitsverhältnis bestand in diesem Kalenderjahr nur fünf volle Monate (01.01. bis einschließlich 31.05.) und es ergibt sich folgende Berechnung:
5 Monate / 12 Monate x 20 Urlaubstage = 8,33 Urlaubstage.
Bruchteile von Urlaubstagen, die weniger als einen halben Tag ergeben, sind dabei auf ganze Urlaubstage abzurunden, also in unserem Beispiel auf 8 Urlaubstage.
Urlaubsberechnung bei einer Beendigung zu einem Zeitpunkt nach dem 30.06.
Bei einem Ausscheiden beispielsweise zum 31.07. ist die Sachlage eine andere, jedenfalls wenn das Arbeitsverhältnis bereits seit dem 01.01. eines Jahres bestand. Die Regelung zum Teilurlaub ist hier nicht heranzuziehen. Vielmehr hat der Arbeitnehmer immer einen Anspruch auf den vollen gesetzlichen Mindesturlaub, bei einer 5-Tage-Woche also auf 20 Urlaubstage.
In welchem Umfang der darüber hinaus arbeitsvertraglich vereinbarte Zusatzurlaub in Anspruch genommen werden kann, hängt davon ab, ob im Arbeitsvertrag eine „pro rata temporis“ – Regelung getroffen wurde. Dies ist eine Klausel, nach welcher der Urlaub im Jahr des Eintritts in ein Unternehmen oder im Jahr des Ausscheidens des Urlaubs nur anteilig gewährt werden soll.
Ist eine solche zusätzliche Klausel im Arbeitsvertrag nicht enthalten, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den vollen arbeitsvertraglich vereinbarten Urlaub. Sind beispielsweise 30 Urlaubstage vereinbart, so kann der Arbeitnehmer im Falle eines Ausscheidens nach dem 30.06. auch 30 Tage in Anspruch nehmen.
Findet sich im Arbeitsvertrag eine solche „pro rata temporis“-Regelung wieder, so hat der Arbeitnehmer hinsichtlich des Urlaubs, der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgeht, nur einen anteiligen Anspruch. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer bei einem unterjährigen Ausscheiden nach dem 30.06. immer mindestens 20 Urlaubstage bei einer 5-Tage-Woche beanspruchen kann.
Beispiel
Bei einem arbeitsvertraglich vereinbarten Urlaubsanspruch in Höhe von 30 Urlaubstagen (20 Tage gesetzlich Mindesturlaub zzgl. 10 Tage freiwilligen Zusatzurlaub) hat der Arbeitnehmer beispielsweise bei einem Ausscheiden zum 30.09. einen Urlaubsanspruch von 23 Urlaubstagen (9 Monate / 12 Monate x 30 Urlaubstage = 22,5 Urlaubstage = aufgerundet 23 Urlaubstage). In diesem Fall würde eine arbeitsvertragliche Regelung über eine anteilige Kürzung also dazu führen, dass statt 30 Urlaubstagen nur 23 zu gewähren wären, also 7 Urlaubstage weniger.
Urlaubsabgeltung bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers und der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil des BAG vom 24.03.2009 – 9 AZR 983/07) hat der arbeitsunfähige Arbeitnehmer auch dann einen Abgeltungsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz, wenn das Arbeitsverhältnis endet, bevor der Arbeitnehmer wieder arbeitsfähig wird. Dies betrifft zunächst nur den gesetzlichen Urlaubsanspruch.
Darüber hinausgehender Urlaub (vertraglicher oder tarifvertraglicher) verfällt, wenn dies vertraglich vereinbart ist. Ist hingegen für diesen Zusatzurlaub nichts vereinbart, hat der Arbeitnehmer auch hier einen Abgeltungsanspruch.
Urlaubsgeld / Urlaubsentgelt
Die Begriffe „Urlaubsgeld“ und „Urlaubsentgelt“ sind zu unterscheiden.
Urlaubsgeld ist eine betriebliche Sonderzuwendung (z. B. aufgrund von Arbeits- oder Tarifvertrag, wie Weihnachtsgeld oder ein 13. Gehalt), die über das Urlaubsentgelt hinaus gezahlt wird.
„Urlaubsentgelt“ bedeutet die Fortzahlung von Lohn und Gehalt während des Urlaubs.
Grundsätzlich muss Urlaub im Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Nur wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe es rechtfertigen, ist eine Übertragung des Urlaubs in das nächste Kalenderjahr statthaft. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub bis zum 31.03. des Folgejahres gewährt und genommen werden. Kommt es auch in dieser Übergangszeit nicht zum Urlaub, verfällt der Resturlaubsanspruch.
Nicht genommener Urlaub kann nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) grundsätzlich nicht abgegolten werden, dass heißt durch Geldzahlung ausgeglichen werden.
Auch bei Arbeitsunfähigkeit entstehen grundsätzlich Urlaubsansprüche. Diese verfallen jedoch – nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) – spätestens 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres. Bei dem übergesetzlichen Urlaub kann – beispielsweise im Arbeitsvertrag – eine kürzere Verfallfrist vereinbart werden. Nach dieser geänderten Rechtsprechung des BAG hat der Arbeitnehmer auch dann einen Abgeltungsanspruch, wenn das Arbeitsverhältnis endet, bevor er wieder arbeitsfähig ist.
Die Berechnung des Abgeltungsanspruches richtet sich nach der Berechnung des Urlaubsentgelts.
Berechnungsformel
Der monatliche Gesamtarbeitsverdienst ist mit der Anzahl der genommenen Urlaubstage zu multiplizieren und dann durch die Anzahl der Arbeitstage zu dividieren.
Der Gesamtarbeitsverdienst in 13 Wochen : 65 Arbeitstage (5 Tage x 13 Wochen) x Urlaubstage = Urlaubsentgelt.
Beispiele
Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers X endet zum 30.06. und er hat noch 5 Tage Urlaubsanspruch. Seine regelmäßige Arbeitszeit beträgt 5 Tage pro Woche. Sein Arbeitsverdienst beträgt brutto EUR 2.000,00 monatlich. Daraus ergibt sich ein Gesamt-Arbeitsentgelt im 13-Wochen-Zeitraum von EUR 6.000,00.
EUR 6.000,00 Gesamt-Arbeitsverdienst : 65 Arbeitstage x 5 Urlaubstage = 461,54 EUR Urlaubsentgelt