Schlechtes Arbeitszeugnis – Was tun?

Berichtigungsanspruch bei formellen oder materiellen Mängeln

Da auch beim Arbeitszeugnis nur eine mangelfreie Leistung Erfüllungswirkung im Sinne von § 362 BGB hat, ist eine solche nur dann anzunehmen, wenn das Zeugnis formell einwandfrei und inhaltlich vollständig sowie ohne Beanstandungen ist. Entspricht das Zeugnis diesen Voraussetzungen nicht, so ist der Zeugnisanspruch des Arbeitnehmers auch nicht erfüllt.

Wird das Zeugnis diesen Anforderungen zwar gerecht, enthält es jedoch materielle Bewertungsfehler und ist formell unzureichend, so kann der Arbeitnehmer Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung herleiten und bereits aus diesem Grunde die Berichtigung des Arbeitszeugnisses verlangen.

Einhalten von Mindeststandards

Ein Arbeitgeber erfüllt den Zeugnisanspruch, wenn das von ihm erteilte Zeugnis nach Form und Inhalt den gesetzlichen Anforderungen des § GewO entspricht. Auf Verlangen des Arbeitnehmers muss sich das Zeugnis auf Führung (Verhalten) und Leistung erstrecken (qualifiziertes Zeugnis). Dabei richtet sich der gesetzlich geschuldete Inhalt des Zeugnisses nach den mit ihm verfolgten Zwecken. Es dient dem Arbeitnehmer regelmäßig als Bewerbungsunterlage und ist insoweit Dritten, insbesondere möglichen künftigen Arbeitgebern, Grundlage für ihre Personalauswahl. Dem Arbeitnehmer gibt es zugleich Aufschluss darüber, wie der Arbeitgeber seine Leistung beurteilt (vgl. bereits BAG NZA 2004 Seite 842).

Arbeitgeber haben bei der Erteilung eines Arbeitszeugnisses nicht lediglich die Zeugnissprache, sondern auch die gebräuchliche Gliederung eines qualifizierten Zeugnisses zu beachten. Diese hat sich inzwischen weitestgehend standardisiert (LAG Hamm, Urteil vom 27.02.1997, Az. 4 Sa 1691/96).

Dabei hat das Zeugnis unter der ordnungsgemäßen Überschrift zunächst mit einem Einleitungssatz und den persönlichen Angaben zu Person und Position des Arbeitnehmers zu beginnen. Gerade dem Einleitungssatz kommt dabei eine wichtige Bedeutung zu. Bereits im ersten Satz kann eine Weichenstellung für die Beurteilung des weiteren Zeugnisses vorgenommen werden. Die Berufsbezeichnung und Funktion sind daher mit zu erwähnen (LAG Hamm, Urteil vom 27.02.1997, Az. 4 Sa 1691/96), um dem Leser auf den ersten Blick einleitend eine wichtige Information zu geben. Bei mehreren Funktionen sind diese zu nennen. Dabei ist keine Position auszulassen.

Die im Laufe des Arbeitsverhältnisses ausgeübten Tätigkeiten sind so genau, vollständig und ausführlich zu beschreiben, dass sich künftige Arbeitgeber ein klares Bild von den Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Mitarbeiters machen können (BAG, Urteil vom 12.08.1976, abgedruckt in DB 1976, S. 2211 ff.).

Dabei gilt im Grundsatz: Je umfassender und verantwortungsvoller die Tätigkeit ist, desto differenzierter und genauer muss die Tätigkeitsbeschreibung erfolgen. Lediglich Unwesentliches ist auszulassen. Innerhalb der Aufgabenbeschreibung sind die Haupt- und Kernaufgaben zunächst und dann in der Prioritätenabfolge weniger wichtige Aufgaben zu benennen (Reihenfolge-Technik).

Die Leistungsbeurteilung eines Arbeitszeugnisses hat sich an dessen Zweck zu orientieren. Das Arbeitszeugnis dient als Bewerbungsgrundlage und ist damit Grundlage für die Personalauswahl von zukünftigen Arbeitgebern unseres Mandanten. Gleichzeitig gibt das Zeugnis Auskunft darüber, wie Leistung und Sozialverhalten beurteilt werden. Das Zeugnis muss daher alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen enthalten, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung und für zukünftige Arbeitgeber von grundsätzlichem Interesse sind.
Es gilt dabei der Grundsatz der Zeugniswahrheit sowie der Zeugnisklarheit. Weder Wortwahl noch Auslassungen dürfen dazu führen, dass bei dem Leser des Zeugnisses falsche Vorstellungen bestehen. Dabei besteht eine gewisse Bindung an die in der Praxis allgemein angewandte Zeugnissprache (BAG, Urteil vom 12.08.2008, Az. 9 AZR 632/07; LAG Hamm, Urteil vom 27.02.1997, Az. 4 Sa 1691/96).

Zwischenzeugnis

Auch ein Zwischenzeugnis dient wie ein Endzeugnis regelmäßig dazu, Dritte über die Tätigkeit des Arbeitnehmers zu unterrichten. Ein Arbeitgeber kann insoweit von einem vorausgehend erteilten Zwischenzeugnis nur abweichen, wenn die späteren Leistungen und das spätere Verhalten des Arbeitnehmers eine entsprechend abweichende (zumal hier negative) Bewertung des zu beurteilenden Mitarbeiters rechtfertigen (vgl. BAG 01.10.1998 – 6 AZR 176/97 – Rn. 20, AP BAT § 61 Nr. 2).

Inhaltlich muss ein qualifiziertes Arbeitszeugnis eine wahrheitsgemäße, nach sachlichen Maßstäben ausgerichtete und nachprüfbare Gesamtbewertung von Leistung, Führung und Verhalten des jeweiligen Mitarbeiters enthalten. Der Mitarbeiter hat einen Anspruch auf ein leistungsgerechtes Zeugnis. Zu berücksichtigen ist zudem, dass die gesamten Formulierungen des Arbeitszeugnisses von einem – mit Blick auf die weitere berufliche Perspektive unseres Mandanten – verständigen Wohlwollen geprägt sein müssen.

Der Arbeitgeber ist insoweit verpflichtet, bei sämtlichen Maßnahmen auf das Wohl und die berechtigten Interessen seines Mitarbeiters Rücksicht zu nehmen. Das berufliche Fortkommen des ausgeschiedenen Mitarbeiters darf nicht unzulässig behindert bzw. beeinträchtigt werden.
Der Arbeitgeber ist daher schon aufgrund nachwirkender Fürsorgepflicht gehalten, alles zu vermeiden, was sich bei der Suche des ausgeschiedenen Mitarbeiters nach einem neuen Arbeitsplatz für diesen nachteilig auswirken könnte. Zeugnisse, welche unrichtig sind oder nicht der gesetzlichen vorgeschriebenen Form entsprechen, müssen abgeändert werden, soweit diese geeignet sind, den Mitarbeiter in seinem beruflichen Fortkommen zu behindern.

Berichtigungsanspruch

Das Zeugnis ist im Falle der Änderung bzw. Berichtigung durch Sie auch weiterhin auf das Datum der bisherigen Erteilung und der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses (31.10.2019) zu datieren. Dies gilt auch bei einer nachträglichen Berichtigung. Das Zeugnis ist regelmäßig auf den letzten Tag des rechtlichen Bestandes des Arbeitsverhältnisses zu datieren (ArbG Köln, 05.03.2013, Az. 13 Ca 2497/12).

Zeugnisanspruch ist Holschuld

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist das Arbeitszeugnis grundsätzlich vom Arbeitnehmer abzuholen. Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, hat die Leistung am Wohnsitz des Schuldners zu erfolgen, § 269 Abs. 1 BGB.

Wenn ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Berichtigung eines ihm erteilten Zeugnisses geltend macht, geht es der Sache nach um einen Erfüllungsanspruch dahin, ihm ein nach Form und Inhalt den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Zeugnis zu erteilen. Hat der Arbeitgeber ein Zeugnis formuliert und den ihm bei Abfassung des Zeugnisses zustehenden Beurteilungsspielraum nicht richtig ausgefüllt oder ein nicht den gesetzlichen Erfordernissen entsprechendes Zeugnis ausgestellt, hat der Arbeitnehmer weiterhin einen Erfüllungsanspruch auf Erteilung eines ordnungsgemäßen Zeugnisses (BAG 17.02.1988, 5 AZR 638/86).

Ausschluss- und Verfallfristen beachten!

Arbeitnehmern ist zu empfehlen, ihre Ansprüche zur Vermeidung eines Aspruchsverfalls durch Zeitablauf hinreichend rechtzeitig, und nicht zuletzt in der gebotenen From, geltend zu machen.

In diesem Zusammenhang gilt es im Wesentlichen arbeitsvertragliche oder z.B. auch in Tarifverträgen gerelegte Ausschlussfristen zu beachten. Insbesondere in Tarifvertraägen, die meist auch nur in einem Arbeitsvertrag als begleitendes Regelwerk in Bezug genommen werden, kommen häufig Ausschlussfristen vor, die wesentlich kürzer als arbeitsvertragliche Ausschlussfristen sein können (teilweise nur 1 Monat!).

Auch Anspruchsverwirkung in engen Grenzen möglich

Neben dem Verfall bzw. Ausschluss eines Berichtigungsanspruchs durch reinen Zeitablauf (namwentlich durch Ablauf einer vertraglichen oder tariflichen Ausschluss- oder Verfallfrist) kann der Anspruch eines Arbeitnehmers unter bestimmten Voraussetzungen (Zeit- und Umstandsmoment) auch verwirtk sein. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterliegt der Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses wie jeder schuldrechtliche Anspruch der Verwirkung. Die Verwirkung des Zeugnisanspruchs setzt voraus, dass der Arbeitnehmer sein Recht über längere Zeit hinweg nicht ausgeübt hat (Zeitmoment) und beim Arbeitgeber dadurch die Überzeugung hervorgerufen worden ist, er werde sein Recht nicht mehr durchsetzen (Umstandsmoment). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist dem Arbeitgeber die Erfüllung des Zeugnisanspruchs nach Treu und Glauben nicht mehr zumutbar (BAG 04.10.2005, 9 AZR 507/04). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist eine Frage des Einzelfalles (LAG Hamm 03.07.2002, 3 Sa 248/02, NZA-RR 2003, Seite 73).

Verwirkung ist ein Unterfall der wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung. Ein Recht ist verwirkt, wenn es illoyal verspätet geltend gemacht wird. Die Verwirkung dient dem Bedürfnis der Rechtsklarheit. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber ein Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (BGH V ZR 97/65, DB 1969, Seite 302). Es müssen zu dem Zeitablauf besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (BAG 5 AZR 497/99, NZA 2001, Seite 966; BGH VII ZR 302/87, NJW 1989, Seite 836).