Änderung des Nachweisgesetzes zum 01.08.2022

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Von Dr. Philipp Brügge
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Änderung des Nachweisgesetzes zum 01.08.2022

Mit Wirkung zum 01.08.2022 tritt das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (RL) 2019/1152 (EU) über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in nationales Recht in Kraft. Dieses sieht wesentliche Änderungen auch für das Nachweisgesetz (NachwG) vor.

Hintergrund: Der Deutsche Bundestag hat am 23.06.2022 die Änderungen zur Neufassung des Nachweisgesetzes (NachwG) auf der Grundlage seines Vorschlages vom 02.05.2022 in unveränderter Fassung beschlossen – Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1152. Das Gesetz wird am 01.08.2022 in Kraft treten und ist von allen Arbeitgebern zu beachten.

Das Nachweisgesetz gilt zukünftig auch für Arbeitnehmer, die als vorübergehende Aushilfe eingestellt werden – anders als bisher. Auch die Anforderungen an den Nachweis gegenüber Auszubildenden gemäß § 11 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) werden verschärft.

Unionsrechtlicher Arbeitnehmerbegriff nach der Richtlinie

Der persönliche Geltungsbereich der Richtlinie erfasst jeden Arbeitnehmer, der „nach den Rechtsvorschriften, Kollektiv- bzw. Tarifverträgen oder Gepflogenheiten in dem jeweiligen Mitgliedstaat einen Arbeitsvertrag hat oder in einem Arbeitsverhältnis steht, wobei die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu berücksichtigen ist“.

Unter Zugrundelegung des unionsrechtlichen Verständnisses, wie es auch in Erwägungsgrund (EG) 8 RL 2019/1152/EU anklingt, dürfte der Arbeitnehmerbegriff des Nachweisgesetzes künftig unionsrechtskonform dahingehend auszulegen sein, dass von dessen Anwendungsbereich alle unionsrechtlich definierten Arbeitnehmer erfasst sind. Die Pflichten aus dem Nachweisgesetz würden in diesem Sinne beispielsweise auch gegenüber Fremd-Geschäftsführern bestehen.

Der Arbeitgeber hat die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen.

Nachweisgesetz gilt künftig auch für Aushilfen

Zu beachten ist auch, dass das Nachweisgesetz zukünftig auch für Aushilfen, die vorübergehend für höchstens einen Monat eingestellt werden, gilt; die bisher in § 1 Satz 1, 1. Halbsatz NachwG (alte Fassung) enthaltene Bereichsausnahme für Aushilfen wird aufgehoben.

Zeitpunkt der Nachweiserteilung: wesentliche Vertragsinhalte spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung

Bislang konnte der Nachweis der Arbeitsbedingungen innerhalb eines Monats nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses erteilt werden. Die zeitlichen Anforderungen werden durch die Umsetzung der EU-Richtlinie deutlich verschärft.

Der Arbeitgeber hat die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses innerhalb der durch das Nachweisgesetz in der neuen Fassung vorgegebenen Fristen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Hierzu wurde in das Nachweisgesetz durch eine weitere Bestimmung ergänzt. Künftig sollen die – nachfolgend näher dargestellten – Angaben zu folgenden Zeitpunkten nachgewiesen werden:

Spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung sind folgende Angaben nach § 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG n.F. schriftlich niederzulegen und auszuhändigen:

  • Nr. 1 (Name und Anschrift der Vertragsparteien),
  • Nr. 7 (Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung) und
  • Nr. 8 (vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen) NachwG n.F.,

Spätestens am siebten Tag nach dem vereinbarten Arbeitsbeginn sind folgende Angaben nach § 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG n.F. schriftlich niederzulegen und auszuhändigen:

  • Nr. 2 (Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses),
  • Nr. 3 (bei befristeten Arbeitsverhältnissen das Enddatum oder die voraussehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses),
  • Nr. 4 (der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann),
  • Nr. 5 (eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit),
  • Nr. 6 (Dauer einer ggf. vereinbarten Probezeit),
  • Nr. 9 (Regelungen bei einer vereinbarten Arbeit auf Abruf) sowie
  • Nr. 10 (Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen) NachwG n.F.

Weitergehend sieht das Gesetz in der neuen Fassung weitere Nachweisvorgaben für Beschäftigungsverhältnisse mit Auslandsbezug vor.

Hinsichtlich der übrigen Angaben zum jeweiligen Arbeitsverhältnis verbleibt es bei der bisherigen Fristvorgabe, wonach diese spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses als Niederschrift dem Arbeitnehmer auszuhändigen sind.

Für eine Änderung von Vertragsbedingungen – sofern diese nicht auf einer kollektivrechtlichen Regelung beruhen – ist gemäß § 3 Abs. 1 NachwG n.F. vorgesehen, dass diese an dem Tag, an dem sie wirksam wird, nachzuweisen sind.

Neu: Hinweis auf Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage

Mit § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 14 NachwG n.F. findet zudem eine neue Vorschrift Eingang in das Gesetz, die vorsieht, dass der Arbeitgeber seine Mitarbeiter auch über

das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage“

zu informieren hat.

Zwar findet sich mit dem weiteren Zusatz – „§ 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden“ – ein einschränkender Einschub, der die Wirksamkeitsfiktion der vorgenannten Bestimmungen weiterhin aufrechterhält. Gleichwohl steht zu erwarten, dass bei dem Fehlen einer entsprechenden dokumentierten Information der Arbeitnehmer über „das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren (…) sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage“ in einer Bestandstreitigkeit der Einwand von Arbeitnehmerseite erhoben wird, eine Kündigung sei bereits wegen einer dahingehenden fehlenden oder auch nur unzureichenden Unterrichtung unwirksam. Arbeitgeber sollten sich auch in diesem Punkt einer Aktualisierung ihrer Vertragsvorlagen sowie einer entsprechenden Information ihrer Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der neuen Vorgaben des Nachweisgesetzes zuwenden und die termingerechte Umsetzung der gesetzlichen Neuerungen angehen.

Nachweisverpflichtung für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 01.08.2022 bestanden

Auch die bisher in § 4 NachwG enthaltene Übergangsvorschrift wird neu gefasst. Der insoweit neue § 5 beinhaltet nunmehr eine neue Übergangsregelung für Arbeitsverhältnisse:

Hat das Arbeitsverhältnis bereits vor dem 01.08.2022 bestanden, so ist dem Arbeitnehmer auf sein Verlangen spätestens am sieben Tag nach Zugang der Aufforderung beim Arbeitgeber die Niederschrift mit den Angaben nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 10 auszuhändigen; die Niederschrift mit den übrigen Angaben nach § 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG ist spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung auszuhändigen.

Neufassung des Nachweisgesetzes schafft Handlungsbedarf für Arbeitgeber!

Handlungsbedarf für Arbeitgeber

Für Unternehmen resultiert aus den gesetzlichen Neuerungen Handlungsbedarf. Arbeitsverträge sollten nach der Verabschiedung des Gesetzes überprüft und zumindest für neu abzuschließende Verträge im Hinblick auf die Vorgaben des Nachweisgesetzes in der neuen Fassung angepasst werden. Daneben sollten Arbeitgeber im Hinblick nicht zuletzt auf die Bußgeldbewehrtheit der neuen Bestimmungen darauf achten, ihre Aufklärungspflichten gegenüber ihren bestehenden Mitarbeitern zu erfüllen.

Da die Nachweisverpflichtung nach der Übergangsvorschrift des § 5 NachwG n.F. auch für Arbeitsverhältnisse gilt, die vor dem 01.08.2022 bestanden haben, sollten auch die insoweit betroffenen Bestandsmitarbeiter über alle neu hinzugekommenen Informationen unterrichtet werden.

Dr. Philipp Brügge

Rechtsanwalt Dr. Philipp Brügge LL.M. ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gründungspartner der Hamburger Sozietät münchow commandeur brügge. Er vertritt Privatpersonen sowie institutionelle Mandanten in allen Bereichen des Arbeitsrechts sowie des Arbeitsprozessrechts.

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