Keine Zeiterfassung per Fingerabdruck-Scanner

Veröffentlicht am
Von Dr. Philipp Brügge
Zuletzt aktualisiert am

Keine Zeiterfassung per Fingerabdruck-Scanner

Arbeitnehmer sind nicht verpflichtet, ein Zeiterfassungssystem zu nutzen, welches zur Erfassung der Arbeitszeit biometrische Daten verwendet.

Das hat das LAG Berlin-Brandenburg jüngst entschieden (Urteil vom 04.06.2020, Az. 10 Sa 2130/19).

Die Verarbeitung biometrischer Daten ist grundsätzlich untersagt.

Eine Verarbeitung biometrischer Daten ist nach der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) grundsätzlich verboten und nur ausnahmsweise zulässig.

Gemäß Artikel 9 Abs. 1 DS-GVO ist die Verarbeitung von u.a. biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person grundsätzlich untersagt.

Allerdings enthält Artikel 9 Abs. 2 DSGVO mehrere Erlaubnistatbestände, bei deren Vorliegen eine Verarbeitung (ausnahmsweise) doch zulässig sein kann. In praktischer Hinsicht von besonderer Bedeutung sind die Erlaubnistatbestände der „Erforderlichkeit“ einer entsprechenden Vereinbarung, das Vorliegen einer dahingehenden freiwilligen „Einwilligung“ bzw. das Bestehen einer entsprechenden „Kollektivvereinbarung“.

Da in dem entschiedenen Fall weder eine wirksame Einwilligung des Arbeitnehmers noch eine Kollektivvereinbarung vorlagen, war auf die Frage der Erforderlichkeit einer Verarbeitung biometrischer Daten abzustellen.

Erforderlichkeit der Verarbeitung biometrischer Merkmale?

Biometrische Merkmale eines Beschäftigten darf ein Arbeitgeber nach § 26 Abs. 3 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) nur dann verarbeiten, wenn dies für die Begründung, Durchführung oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist.

Es ist zu prüfen, ob die Verarbeitung der biometrischen Daten im Rahmen der Zwecke der Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist, damit der Verantwortliche (Arbeitgeber) den ihm „aus dem Arbeitsrecht, dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes“ erwachsenden Rechte und Pflichten nachkommen kann. Hier war zu prüfen, ob das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person (des Beschäftigten) an dem Ausschluss der Verarbeitung einer solchen überwiegt.

Die Erhebung und Verwendung von biometrischen Merkmalen muss mehrere Voraussetzungen erfüllen

Im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit ist zunächst zu fragen, ob das biometrische Verfahren für die Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses überhaupt geeignet ist, das heißt, ob der jeweils auf das Beschäftigungsverhältnis bezogene Zweck tatsächlich durch die Verarbeitung gefördert werden kann.

Es darf auch kein anderes, gleich wirksames und das Persönlichkeitsrecht weniger beeinträchtigendes Mittel zur Zweckerreichung vorliegen.

Sodann sind die schutzwürdigen Interessen und Grundrechte des Arbeitnehmers und die des Arbeitgebers gegeneinander abzuwägen. Es muss die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Beschäftigten durch das Biometrische Verfahren in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Zweck der Datenverwendung stehen.

Es gilt der Grundsatz: Je intensiver der Eingriff das Persönlichkeitsrecht, desto schwerer muss der vom Arbeitgeber mit dem Verfahren verfolgte konkrete Zweck wiegen.

Anders als dies z.B. bei einer biometrischen Zugangskontrolle zu Bereichen mit sensiblen Geschäfts-, Produktions- und Entwicklungsgeheimissen berechtigterweise der Fall sein mag, ist im Fall der Arbeitszeiterfassung eine solche Erfassung mittels der Verarbeitung biometrischer Daten nicht erforderlich.

Dr. Philipp Brügge

Rechtsanwalt Dr. Philipp Brügge LL.M. ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gründungspartner der Hamburger Sozietät münchow commandeur brügge. Er vertritt Privatpersonen sowie institutionelle Mandanten in allen Bereichen des Arbeitsrechts sowie des Arbeitsprozessrechts.