DSGVO im Betrieb: Einsichtsrechtsrecht vs. Datenschutz

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Von Dr. Philipp Brügge
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DSGVO im Betrieb: Einsichtsrechtsrecht vs. Datenschutz

LAG Niedersachsen gibt Betriebsrat anlassunabhängiges Einsichtsrecht in nichtanonymisierte Gehaltslisten.

In einer jüngst veröffentlichten Entscheidung hat das LAG Niedersachsen einen Arbeitgeber verpflichtet, dem Betriebsrat Einsicht in die Brutto-Gehaltslisten unter namentlicher Nennung der einzelnen Mitarbeiter und gleichzeitiger Aufschlüsselung der Bruttoentgelte nach deren einzelner Gehaltsbestandteile zu geben. Lediglich leitende Angestellte wurden von dieser Vorgabe ausgenommen (Beschluss vom 14.10.2018, Az.: 12 TaBV 23/18).

Die seitens des Arbeitgebers gegen das Einsichtsverlangen des Betriebsrates in nicht-anonymisierte Gehaltslisten vorgebrachten Vorbehalte des Arbeitgebers teilten die Richter der LAG – wie schon die Vorinstanz – nicht.

Im konkreten Fall hatte der Betriebsrat den in Anspruch genommenen Arbeitgeber aufgefordert, ihm zum Zwecke der Kontrolle der Verteilungs- und Lohngerechtigkeit Gehaltslisten unter Nennung der betroffenen Arbeitnehmer vorzulegen. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass gerade die Überprüfung der Verteilungsgerechtigkeit der Gehälter ohne eine Individualisierung der Mitarbeiter/innen nicht wirksam erfolgen könne.

Der Arbeitgeber hatte gegen das vom Betriebsrat geäußerte Verlangen, einem von ihm zu benennenden Betriebsratsmitglied Einsicht in die nichtanonymisierten Listen der Bruttolöhne und -gehälter zu gewähren, u.a. mit datenschutzrechtlichen Bedenken argumentiert.

So hatte der Arbeitgeber ausgeführt, dass die Vorlage anonymisierter Gehaltslisten ausreiche, um eine Überwachung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Verteilungsgerechtigkeit (equal pay) zu gewährleisten. Die unmittelbare Nennung der Namen der einzelnen Arbeitnehmer sei für die Durchführung der Aufgaben des Betriebsrates nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Betriebverfassungsgesetz (BetrVG) nicht erforderlich.

Zudem verwies der Arbeitgeber auf die bei der Umsetzung der Aufgaben des Betriebsrates zu beachtenden datenschutzrechtlichen Aspekte. Insbesondere das im Rahmen der Umsetzung der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), welche gegenüber dem neuen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG neu) Anwendungsvorrang habe, zu beachtende Gebot der Datensparsamkeit bzw. Datenminimierung stünden einer Gehaltsübersicht mit offener Nennung der Namen der Mitarbeiter/innen entgegen. Ferner verwies der Arbeitgeber auf das Recht der Arbeitnehmer auf informationelle Selbstbestimmung. Eine Offenlegung von Identitäten einzelner Mitarbeiter müsse allenfalls erst erfolgen, wenn der Betriebsrat bei Durchsicht der anonymisierten Daten Unregelmäßigkeiten erkenne und in Bezug auf diese Daten die Nennung der dahinterstehenden Arbeitnehmer verlange.

Das LAG ließ diese Bedenken nicht gelten. Es führte aus, dass der Betriebsrat kein besonderes Überwachungsbedürfnis darlegen müsse, um eine Einsicht in nicht-anonymisierte Listen zu erhalten. Die zum Aufgabenbereich des Betriebsrates gehörende Überwachung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze würde nach Ansicht der Richter unzumutbar erschwert, wenn der Betriebsrat er erst auf konkrete Verdachtsanzeige die begehrte vollständige Einsichtnahme in die Brutto-Gehaltslisten erhalte.

Die vom Arbeitgeber im Verfahren geäußerten datenschutzrechtlichen Bedenken ließ das Gericht nicht gelten. Nach Auffassung der Arbeitsrichter werde der Betriebsrat wird bei der begehrten Einsichtnahme in die Gehaltslisten i.S.v. § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG in effektiver Ausübung seiner Rechte und Pflichten als Interessenvertretung der Beschäftigten tätig.

Gegen die Entscheidung ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen.

Dr. Philipp Brügge

Rechtsanwalt Dr. Philipp Brügge LL.M. ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gründungspartner der Hamburger Sozietät münchow commandeur brügge. Er vertritt Privatpersonen sowie institutionelle Mandanten in allen Bereichen des Arbeitsrechts sowie des Arbeitsprozessrechts.

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