Urlaubsgewährung bei Freistellung durch den Arbeitgeber

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Von Dr. Philipp Brügge
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Urlaubsgewährung bei Freistellung durch den Arbeitgeber

Urlaub ist bezahlte Freizeit. Der Arbeitnehmer muss daher für diese Zeit das gewöhnliche Arbeitsentgelt erhalten (EuGH 15.09.2011 – C-155/10 – [Williams ua.] Rn. 19). Erst durch das Erfordernis der Zahlung dieses Urlaubsentgelts wird der Arbeitnehmer während des Jahresurlaubs in eine Lage versetzt, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist (vgl. EuGH 22.05.2014 – C-539/12 – [Lock] Rn. 17 mwN).

Im Falle einer arbeitnehmerseitigen Kündigung erfüllt die Arbeitgeber den gesetzlichen Urlaubsanspruch daher nicht, wenn er vor Antritt des Urlaubs auf die Zahlung des Urlaubsentgelts oder dessen vorbehaltlose Zusage verzichtet (Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie RL 2003/88/EG – Urlaubsrichtlinie – sowie § 1 Bundesurlaubsgesetz, BurlG sprechen vom bezahlten Urlaub).

Die mit einer urlaubsbedingten Freistellung einhergehende Verpflichtung zur Zahlung von Urlaubsvergütung ist insoweit essentieller Bestandteil des Anspruchs auf bezahlten Mindesturlaub.

„… Sie sind unter Anrechnung auf Ihren Urlaubsanspruch unwiderruflich freigestellt!“

Erklärt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer gegenüber die „unwiderrufliche Freistellung unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen„, so muss für den Arbeitnehmer erkennbar sein, dass ihn der Arbeitgeber zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs freistellen will (BAG 20.08.2019 – 9 AZR 468/18). Eine auf Urlaubserteilung bzw. Urlaubsgewährung gerichtete Freistellungserklärung des Arbeitgebers ist insoweit geeignet, die Erfüllung des Urlaubsanspruchs herbeizuführen.

Voraussetzung ist, dass der betroffene Arbeitnehmer objektiv erkennen kann, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs freistellt, d.h. den Urlaub gewährt.

Für den betroffenen Mitarbeiter muss daher klar erkennbar sein, dass ihn der Arbeitgeber zum Zwecke der Erfüllung des Urlaubsanspruchs freistellt.

Beinhaltet eine arbeitgeberseitige Freistellungserklärung nicht diese Klarstellung bzw. einen dahingehenden objektiven Erklärungsgehalt, scheidet eine Erfüllung des Urlaubsanspruchs aus.

Legt der Arbeitgeber in seiner Freistellungserklärung keine konkrete zeitliche Lage des Urlaubs fest, steht dies der Erfüllungswirkung nicht entgegen. In einem solchen Fall kann der Arbeitnehmer einer solchen Erklärung entnehmen, dass er die zeitliche Lage des Urlaubs innerhalb des Freistellungszeitraums selbst bestimmen kann.

Nicht erforderlich ist indes, dass der freistellende Arbeitgeber bereits vor Urlaubsantritt das entsprechende Urlaubsentgelt auszahlt.

Vielmehr folgt aus dem Umstand, dass das Urlaubsentgelt nicht vor dem (bei fehlender zeitlicher Festlegung zudem bzgl. des Beginns unklaren) Urlaubsantritt auszahlt, die Verpflichtung, für den gewährten Urlaub dem Grunde nach Urlaubsentgelt zu zahlen.

Dr. Philipp Brügge

Rechtsanwalt Dr. Philipp Brügge LL.M. ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gründungspartner der Hamburger Sozietät münchow commandeur brügge. Er vertritt Privatpersonen sowie institutionelle Mandanten in allen Bereichen des Arbeitsrechts sowie des Arbeitsprozessrechts.